Historie Mahrt und Hoerning

Ab 3. September 1873 erfolgte die erste Eintragung der Firma in das Göttinger Handelsregister. Bis zum Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sind die zu ermittelnden authentischen Daten relativ spärlich; insbesondere lassen sich leider keine Unterlagen darüber auffinden, woher die beiden Firmengründer stammten und welchen beruflichen Werdegang sie vor der Firmengründung durchgemacht haben.

Nach Berichten, die aber mündlich von Generation zu Generation weitergegeben sind, haben die beiden sich auf der Wanderschaft, als Gesellen bei Zuerin, Paris kennengelernt: Im Göttinger Stadtarchiv ließ sich ermitteln, dass 1875 Louis Mahrt und Friedrich Hoerning, beide Instrumentenmacher, in der Zindelstraße 5 ansässig sind, während nach Unterlagen aus dem Jahre 1881 die Firma in der Gotmarstr. 9 ansässig ist und sich bereits als "Chirurgische Instrumentenfabrik" bezeichnet.

Firmengründer: Louis Mahrt
Firmengründer: Friedrich Hoerning

Friedrich Hoerning wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits in der Weender Str. 52 (jetzt Haus Nr. 48). Der Rest eines aus dieser Zeit stammenden Preisverzeichnisses beweist, dass die Firma bereits ein ansehnliches Herstellungs- und Lieferprogramm anbietet. Als junges Unternehmen konnten die beiden Inhaber bereits im Jahre 1878 auf einer allgemeinen Gewerbeausstellung in Hannover für Ihre Leistungen eine Auszeichnung und eine Medaille entgegennehmen.

Nachdem ein Schadenfeuer ungefähr im Jahre 1880 die Gebäude in der Gotmarstr. zerstörte, erfolgte der Umzug der Firma in die Weender Str. 52 auf das Hoerningsche Grundstück. Die größeren Räume erlaubten es, neben dem kleinen Fabrikbetrieb für chirurgische Instrumente auch die Herstellung von Bandagen und orthopädischen Apparaten und Kunstgliedern, sowie den Handel mit Brillen und anderen optischen Geräten aufzunehmen. Am 1. November 1899 tritt Friedrich Hoerning aus der Firma aus und Louis Mahrt blieb alleiniger Inhaber.

Die von nun an etwas besser bekannte Geschichte der Firma Mahrt & Hoerning zeigt, wie sehr die weitere Entwicklung einmal von politischen Ereignissen, aber auch vom Geschehen in der Universität Göttingen abhängig ist. Kennzeichnend für die politische Lage um die Jahrhundertwende ist ein Dokument aus dem Jahre 1903, wonach die Firma Mahrt & Hoerning sich verpflichtet, im Falle einer Mobilmachung die Schleifsteine zum Waffenschleifen zur Verfügung zu stellen. Bereits mit einem am 2.4.1907 abgeschlossenen Kaufvertrag entschließt sich Louis Mahrt, seine Firma mit Wirkung vom 1. Oktober 1909 an seinen bisherigen Buchhalter Heinrich Bornemann und seinen Meister Walter Lange zum Preise von 25.000 Reichsmark (ohne Inventar und Bestände) zu verkaufen. Am 1. Oktober 1909 erfolgt dann die Übernahme zu einem endgültigen Kaufpreis in Höhe von 83.882 Mark.

Wie sehr die Entwicklung dann vorangegangen ist, beweist eine Zeitungsnotiz aus November 1910, wonach die Firma größere Exportaufträge nach Britisch Südafrika und Südaustralien erhielt. Dieses sind bestimmt nicht die einzigen Exportaufträge gewesen, denn der Magistrat der Stadt Göttingen teilte der Firma am 1. August 1914 mit „Nachdem seine Majestät, der Kaiser, die Mobilmachung der Armee befohlen hat, werden sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Ausfuhr von chirurgischen Instrumenten verboten ist." Der erste Weltkrieg mit seinen für das ganze Volk schwerwiegenden Folgen veränderte auch die Struktur der Firma Mahrt & Hoerning, indem durch die Versorgung der Kriegsopfer die Anfertigung von Kunstgliedern zu einem wichtigen Aufgabenbereich wurde.
Die beiden rührigen neuen Inhaber konnten in den ersten Jahren nach dem Weltkriege bereits ein in eigener Werkstatt entwickeltes Kunstbein vorstellen, welches auch gesetzlich geschützt wurde.

Kurz nach Ende der Inflation, nämlich am 3. Juli 1925 schied Walter Lange aus der OHG aus und Heinrich Bornemann blieb alleiniger Inhaber der Firma. Die nachfolgenden Jahre müssen für ihn und seine ebenfalls im Betrieb tätige Ehefrau Emma relativ hart gewesen sein, denn neben einer durch die Inflation bedingten Kaufpreisnachforderungen von Seiten Mahrt´s war nun auch noch der Kapitalanteil von Walter Lange auszuzahlen. Im Mai 1929 verstarb Heinrich Bornemann und mit Wirkung vom 16. Mai 1929 wurden seine Witwe Emma, geb. Dühren und sein Sohn Hermann Bornemann, Gesellschafter der Firma.

Hermann Bornemann hatte im Betriebe das Chirurgie-Mechanikerhandwerk erlernt und so war es verständlich, dass sich das Interesse der Firma nunmehr wieder mehr und mehr den chirurgischen Instrumenten zuwandte. Befruchtend wirkte hier auch die Tätigkeit mancher Göttinger Professoren, die immer wieder Anregungen zu neuen Entwicklungen gaben. Besonders aktiv waren in dieser Richtung Professor Wagener (Hals-Nasen-Ohrenklinik), Professor Stich (Chirurg. Univ. Klinik), Professor Martius (Univ. Frauenklinik). Besonders Professor Wagener brachte viele neue Ideen zu Neuentwicklungen. Am 1. Juli 1935 trat Frau Emma Bornemann von der Geschäftsführung zurück und verzog nach München, sie blieb aber weiterhin Gesellschafterin der Firma.